Dieser Artikel wurde von der «Berner Zeitung» zur Verfügung gestellt.

Eingekehrt

So wird im ehemaligen Tramway nun gekocht

Das Tramway im Berner Breitenrain starb als eines der Letzten seiner Art: eine Quartierknelle, in der die Grösse des Fleischs auf dem Teller kulinarisch mehr als alles andere zählte und wo auch mal jemand über seinem Bier einschlief. Nach Monaten des Leerstands und Umbaus (in denen das Tramway in Bümpliz ein neues Zuhause fand) machte das Lokal im Dezember unter dem Namen Olympia wieder auf. 

Christoph Hämmann
Restaurant Olympia

Der Eröffnung waren monatelang Spekulationen vorausgegangen, und irgendwann wusste ganz Bern: Im Olympia wird Simon Apothéloz kochen, der einst in der Worber Eisblume mit 17 «Gault Millau»-Punkten in der obersten Liga spielte. Doch auf Schäumchen und Chichi scheint Apothéloz keine Lust mehr zu haben, dem Vernehmen nach mag er öffentlich nicht einmal mehr über sein einstiges «Starkoch»-Dasein reden. Zum Understatement passt, dass sein Name auf der Olympia-Website nirgendwo zu finden ist. 

Heisst das Konzept im Olympia neue Bescheidenheit? Bei unserem ersten Besuch an einem Mittag fanden wir es fast frech, wie schlicht die beiden Menüs daherkamen, ob Siedfleisch mit grob geschnittenem Gemüse oder ein Stück Gemüsekuchen ohne jegliche Deko (auch wenn die Kochkunst trotzdem durchschimmerte). 

Beim abendlichen Test-Besuch herrschte dann die pure Freude über die bodenständigen und von feinen Details geprägten Speisen. Etwa beim gebackenen Weisskohl mit Sonnenblumenkernpaste, eingelegten Pilzen, Rotkohlvinaigrette, Federkohl und Apfel (14 Fr.), einer von sechs Vorspeisen auf der Karte. Das hübsch präsentierte Gericht überzeugte mit seinen verschiedenen Geschmäcken, die sich harmonisch verbanden. 

Weil wir zu viert einkehrten, konnten wir fast alle Gerichte probieren. Dabei erkoren wir eine andere Vorspeise – Tartelette aus Filoteig mit Sauerrahmcreme, caramelisierten Schalotten, Topinambur und Haselnuss (15 Fr.) – zum geschmacklichen Höhepunkt. Wie beim Kohl war praktisch alles dabei, was man sich wünschen kann: süss, säuerlich, knusprig, knackig, sämig.  

Als weitere Vorspeise zum Niederknien sei die Lachsforelle an Beurre blanc (18 Fr.) erwähnt. Auch hier wurde auf jeden Firlefanz verzichtet und doch mit Sauerkraut und Trauben auf zwei überraschende Zutaten gesetzt, während die perfekte Beurre blanc die Klasse des Kochs zeigte.


Die Quittung

Auf dem Tisch
Überschaubares Angebot an kreativen Gerichten, laut Website «so fair zu Mensch und Umwelt wie möglich». Interessante Weinkarte.

Abgerechnet
Sehr vernünftige Preise.

Aufgefallen
Im Untergeschoss wurde laut einem Kellner eine kleine Backstube eingebaut, bald werde hausgemachtes Sauerteigbrot serviert.

Abgefallen
Zu Beginn fanden wir es zu viert im belebten Restaurant akustisch etwas schwierig, aber als wir ein bisschen lauter sprachen, wars kein Problem mehr. Die Schweinsbratwurst (27 Fr.), die zum Anbraten keinen Sternekoch braucht, war dann eben auch mehr als das: schön arrangiert ein Zwiebel-Brot-Salat mit einer erfrischenden Sauce, garniert mit Biersenf. Zu empfehlen ist auch die Lasagne Olympia (28 Fr.), ein Vegi-Gericht aus Pilz-Bolognese mit Ricotta, Pilzjus und frittiertem Knoblauch.

Zum gelungenen Jahresabschluss passte der freundliche Service des gut dotierten Personals, das bei Fragen auch mal etwas länger an einem Tisch verweilen konnte. So ist das Olympia ein familiärer Ort – gepaart mit den Kochkünsten eines echten Meisters.


Restaurant Olympia, Militärstrasse 64, 3014 Bern.
031 529 29 10. Mo–So geöffnet.
www.olympiabern.ch

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