Jazz im Breitsch

Jazz ist vieles – unter anderem auch weiblich

Der Breitsch-Träff kann auch Jazzclub sein. Immer dann, wenn die Konzerte der Reihe «Jazz im Breitsch JIB» stattfinden. Nach den ersten beiden Ausgaben mit einem erfreulichen Publikumsinteresse folgen dieses Jahr zwei weitere Serien. Die eine präsentiert ausschliesslich Musikerinnen. Weil Frauen auch Jazz können. Und trotzdem untervertreten sind.

Martin Jost
Katrin Hubacher und Robert Rottermann – Jazz im Breitsch
Katrin Hubacher und Robert Rottermann wollen dem Publikum Musik bieten, die berührt. (Bilder: zVg)

Es traf sich sehr gut, dass Katrin Hubacher als regelmässige Besucherin des Breitsch-Träffs ins Gespräch mit Robert Rottermann kam. Er, das Vorstandsmitglied im Quartiertreffpunkt, wünschte sich seit längerem einen regelmässigen Konzertbetrieb im Träff. Sie, die Jazzsängerin und Absolventin der Swiss Jazz School ist seit 40 Jahren als Musikerin in der Szene tätig und brauchte nur einmal gefragt zu werden, ob sie Lust habe, Konzerte zu organisieren. Mit ihrer bevorzugten Musik in ihrem bevorzugten Lokal. «Es war für mich eine grosse Chance, dass ich so etwas an einem solchen Ort machen darf», sagt sie heute, nachdem sie auf zwei erfolgreiche Konzertserien – JIB 1st und JIB 2nd – zurückblicken kann. Pro Ausgabe gab es während vier Monaten je ein Konzert pro Monat. Das bleibt so, dafür spricht auch das Publikumsinteresse: «Schon die Ankündigung der Konzertserien stiess auf offene Ohren, innerhalb der Jazzszene gar auf Begeisterung», so die Sängerin des Vocal Jazz Quintets TrioArt+, «weil sich viele einen Ort wünschen, wo regelmässig Jazz gespielt wird.» Ein Überangebot an solchen Lokalen gebe es nämlich nicht, findet Katrin Hubacher und sie ist Robert Rottermann sehr dankbar, dass sie bei der Gestaltung des Programms alle Freiheiten hat.

Grosse Auswahl an Stilrichtungen

Das wusste sie durch ihre Vernetzung in der Szene zu nutzen und stellte innert kürzester Zeit die beiden Ausgaben zusammen. «Das Publikumsinteresse übertraf unsere Erwartungen», sagt sie und Robert Rottermann als Initiator und Jazz- Liebhaber wollte wieder die Freude spüren, die er seinerzeit als junger Veranstalter von Konzerten empfand. Er hat sie verspürt, die Freude; so, wie auch das Publikum. Das hatte mit der Vielfalt der musikalischen Stilrichtungen zu tun. Die Bands spannten den Bogen von Mainstream bis Contemporary, also von traditionellem bis zu modernem Jazz. Mit dem Auftritt des Saxophonisten Bruno Spoerri, einem Pionier der Jazz-Szene, bot JIB 1st einen ganz besonderen Leckerbissen. Die Vielfalt wird auch die beiden Ausgaben in diesem Jahr prägen. Darauf legt Katrin Hubacher, die mit ihrem Quintet bei der 4th Edition erneut auftreten wird, grossen Wert; das ist auch deshalb wichtig, weil vor allem zeitgenössischer Jazz oft gegen das Vorurteil schwer zugänglicher Musik angehen muss. Ihrer Aussage, dass bei Jazz im Breitsch ganz bewusst auch Mainstream Platz biete, schliesst sich Robert Rottermann an: «Als Veranstaltende wollen wir dem Publikum spannende und gut hörbare Musik präsentieren, die berührt.» Nichts Extremes also, allein die Neugierde reiche für den Besuch.

Jungen Musikerinnen Mut machen

Das gilt auch für die kommende Ausgabe. «Women in Jazz Next Generation », so die Bezeichnung der JIB 3rd. Der Name ist Programm, es treten ausschliesslich Frauen auf. Mit Mirjam Hässig aus Bern, Lea Gasser und Louise Knobil sind gefragte und vielseitige Exponentinnen der aktuellen Jazzszene präsent. Stellvertretend für Frauen in einem Genre, das männlich ist. Und schwarz, wenigstens in seiner Entstehung und als Ausdrucks- mittel der schwarzen Unterschicht in den USA. Also eine Musik der Selbstermächtigung und zur Selbstbestimmung. Und deshalb eigentlich prädestiniert als Plattform für Musikerinnen, ihrer Geschichte Ausdruck zu verleihen. Weshalb Frauen im Jazz nach wie vor stark untervertreten sind, kann niemand genau sagen. Auch Kathrin Hubacher nicht; sie weiss jedoch, dass es heute viel mehr Jazz-Musikerinnen gibt als vor 20 Jahren, jedoch seien vor allem Instrumentalistinnen immer noch stark in der Minderheit. Eine wie Nicole Johänntgen steht für die Generation junger, selbstbewusster Musikerinnen. Die renommierte deutsche Saxopohonistin initiierte das Projekt S.O.F.I.A (Support of Female Improvising Artists), das der Weiterbildung, Förderung, Vernetzung und Vermarktung junger europäischer Musikerinnen dient.

Der Kampf um Augenhöhe

Die Musikerin wird zwar nicht im Träff auftreten, hat jedoch stark zur Motivation von Katrin Hubacher beigetragen, eine Ausgabe von JIB vollständig weiblich zu gestalten. Den finalen Schub, den die Sängerin dazu noch brauchte, erhielt sie durch einen Artikel in einer Fachzeitschrift, der das Projekt S.O.F.I.A. vorstellte. Und der Veranstalterin einen Headliner besorgte. Katrin Hubacher gerät ins Schwärmen, wenn sie von Charlotte Lang spricht. Die aufstrebende Bläserin und Komponistin aus Basel, deren Verpflichtung dank dem Projekt zustande kam und die im Februar das weibliche JIB 3rd eröffnen wird. «Sie spielt bereits jetzt mit dem Swiss Jazz Orchestra. In dieser Big Band zu spielen, ist eine sehr grosse Referenz», freut sich Katrin Hubacher auf ein musikalisches Highlight. Auch die weiteren Musikerinnen könnten dank ihrer Qualitäten kaum besser das Motiv »Women in Jazz Next Generation» repräsentieren. «Frauen im Jazz müssen immer noch kämpfen, um auf Augenhöhe mit den Männern wahrgenommen zu werden», sagt Katrin Hubacher. Sie ist jedoch sicher, dass gerade solche Auftritte die Entwicklung von Frauen im Jazz fördert und Robert Rottermann stellt erfreut fest, dass «der Breitsch-Träff einen Humus bildet, der solches gedeihen lässt.»


Info

JIB 3rd - Woman in Jazz Next Generation
Februar bis Mai 2024

JIB 4th
September bis Dezember 2024


Jazz im Breitsch
Wenn der Breitsch-Träff zum Jazzclub wird: Katrin Hubacher mit dem TrioArt+.
Katrin Hubacher – Jazz im Breitsch
Katrin Hubacher, Veranstalterin von Jazz im Breitsch JIB.
Robert Rottermann – Jazz im Breitsch
Die Initiative für regelmässige Konzerte im Breitsch-Träff kam von Robert Rottermann.
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