Verwaltungszentrum Guisanplatz

Die Treppe als soziales und handwerkliches Element

Im Gebäude D hat der Innenausbau begonnen. Teil davon sind zwei Metalltreppen, die zukünftig alle Stockwerke miteinander verbinden werden. Wie Architekt Andrew Hall Anregung in einem römischen Palazzo fand und Metallbauer Mike Tillack das anspruchsvolle Handwerk der Montage gekonnt umsetzt.

sr/cae
AfdN 05/2024 – Treppe im Gebäude D
Jede Treppe ist 18,20 Meter hoch, hat 104 Stufen und schwingt über fünf Stockwerke nach oben. (Bild: Bundesamt für Bauten und Logistik / Rolf Siegenthaler)

Das Atrium von Gebäude D ist nur 9,70 Meter breit, aber 52 Meter lang. Um diese enge Perspektive zu steuern und einen Fokuspunkt zu setzen, erschliesst je eine Wendeltreppe im Westen und im Osten alle Etagen vom Erdgeschoss bis ins 5. Obergeschoss. Statt in geschlossenen Treppenhäusern bewegen sich die Menschen in einer offenen Umgebung zwischen den Geschossen. Die Treppe ist Verkehrsweg, sie gehört zum Raum.

Neben dieser funktionalen Bedeutung hat sie vor allem eine soziale Rolle. «Die Aufgabe ist auch, eine Architektur zu entwickeln, die Austausch möglich macht», sagt Andrew Hall, leitender Architekt des Generalplaners Aebi & Vincent Architekten. Die Idee des römischen Atriums – des zentralen Aufenthaltsortes – ist nicht nur im Erdgeschoss umgesetzt, sondern erweitert in jede Etage, zugänglich über die Treppe und erlebbar auf einer balkonähnlichen Galerie: Offenheit und Begegnung als Grundhaltung – statt Rückzug und Abgrenzung.

Das Ringen um die Form
«Wir wollten die Treppen sehr ähnlich konzipieren wie in den bereits fertiggestellten Gebäuden der ersten Etappe. Doch der Raum, der uns zur Verfügung steht, ist viel kleiner», sagt Andrew Hall. Es ging weder geometrisch noch optisch noch in der Materialisierung.

Anregungen bietet die Architekturgeschichte mit einem prominenten Beispiel in Rom. Dort hat der Tessiner Architekt Francesco Borromini um 1630 für den barocken Palazzo Barberini ein spiralförmiges Treppenhaus umgesetzt. Dessen ovale Grundform wirkt harmonisch und macht aus dem Weg zwischen den Etagen ein Raumerlebnis.

104 Stufen und Terrazzo aus der Schweiz
Schon jetzt wirkt die 18,20 Meter hohe Treppe als ruhige Präsenz. Die 104 Steintritte auf den Stufen werden aus dem gleichen Terrazzo sein wie die Fussböden im Atrium und auf den Galeriebereichen. Ein Handlauf aus Eiche soll sich von der ersten bis zur letzten Stufe durchziehen.

Die Treppenelemente, hergestellt vom Berner Betrieb Karl Zimmermann AG, bauen Metallbauer zusammen. Mike Tillack erzählt, was seinen Beruf interessant macht.

Was macht ein Metallbauer, Mike Tillack?
Wir stellen Metallteile her, zum Beispiel Treppen, Geländer oder Dächer. Das sind massgefertigte Teile, die in der Werkstatt vorbereitet werden und die wir danach auf der Baustelle montieren. Ich bin bei diesem Projekt der verantwortliche Vorarbeiter und im Team für die Montage der Treppe zuständig. Mein Kollege schweisst, weil er für diese Aufgabe die Spezialkompetenz mitbringt und die nötige Schweisser-Prüfungsbescheinigung hat. Wir arbeiten eigentlich immer so: Die Aufgabe wird gut geplant und vorbereitet. Jeder macht, was er am besten kann.

Die Einzelteile der Treppen werden mit dem Kran durch eine schmale Öffnung im Dach eingebracht.
Es sind für jede Treppe 15 Treppenelemente aus zwei Wangen, mit Stufen und Blechuntersicht. Jedes Teil wiegt etwa eine Tonne, das ist vergleichbar mit einem Volkswagen Up. Wir müssen extrem aufpassen, dass die Teile beim Einlassen über alle Geschosse den Sichtbeton nicht beschädigen. Wenn so viel Gewicht gegen eine Geschossdecke schlägt oder gegen die Glasschuhe, in die später die gläserne Brüstung eingesetzt wird, kann man das nur ganz schlecht flicken.

Das klingt nach einer besonderen Herausforderung.
Man muss einfach aufpassen. Wir machen das schon ein paar Jahre, Erfahrung hilft. Deswegen sind bei diesen Arbeiten keine Auszubildenden dabei. Die wissen noch nicht, wo sie stehen oder anfassen dürfen. Wir tragen Sicherheitsgurte, die Seile stören eigentlich immer. Man kann auch, wenn man nicht aufpasst, darüberstolpern. Ich habe schon gesehen, dass einer denkt: Ich drücke mit der Hand statt mit einem Holz, damit das Bauteil richtig sitzt … Diese Arbeit funktioniert nur im Team und wenn jeder verstanden hat, welche Kräfte wirken.

Wer schweisst, sieht die Welt über viele Stunden durch die Schutzbrille vor dem Gesicht?
Man schweisst selten den ganzen Tag. Die Helme sind heute hell, im Gegensatz zu früher. Die Scheibe dunkelt erst ab, wenn Funken sprühen. Und für den Arbeitsablauf ist die Brille nützlich. Beim Schweissen werden starke UV-Strahlen freigesetzt. Ungeschützt fühlt sich die Haut im Gesicht und an den Armen am Abend an wie bei Sonnenbrand. Und das kleine Fenster hilft, genau zu fokussieren. Schweissen ist anspruchsvoll, man muss sich konzentrieren, wenn man eine Schweissnaht machen möchte, die hält.

Warum wurden Sie Metallbauer?
Ich wollte immer an Autos schrauben, also habe ich Autoschlosser gelernt. Bei uns im Dorf gab es zehn Häuser, dahinter zwei Kilometer Feld und dann acht Kilometer Wald. Wir haben selbst gebaut, was wir haben wollten.

Was macht den Reiz aus, seit 24 Jahren im Beruf zu sein?
Meine Kollegen kommen aus ganz Europa. Wir sind ein internationales Team von guten Leuten, die was können! Alle wissen, was sie zu tun haben. Alle respektieren sich, wir können nur zusammen ein Ergebnis erzielen. Das ist in meinem Team so und zusammen mit den anderen Gewerken.

Was reizt Sie an der Treppe, die Sie gerade montieren?
Die Treppe ist in die ovale Öffnung zwischen den Geschossen eingehängt. Jede Schweissnaht muss durchgängig sein. Die meistens sehen nur den grossen Kran, der an zwei Tagen die schweren Bauteile versetzt. Aber dass wir danach noch mindestens vier Wochen brauchen, bis die Treppe wirklich montiert ist, ist vielen nicht klar.

AfdN 05/2024 – Mike Tillack
Mike Tillack ist gelernter Autoschlosser und als Metallbauer seit 17 Jahren bei Karl Zimmermann AG tätig. (Bild: Bundesamt für Bauten und Logistik/Rolf Siegenthaler)

INFO

Weitere Berichte und seit kurzer Zeit auch umfangreiche Bildstrecken zur Baustelle am Guisanplatz unter www.verwaltungszentrum-guisanplatz.ch. Darunter das im Frühjahr erschienene D-Bulletin Nr. 7-2024 zum Thema Gebäudetechnik & Energiekonzept.

 

DAS VZG IM AFDN

Der Anzeiger Nordquartier begleitet das Projekt Verwaltungszentrum Guisanplatz. Er hat 2020 (Ausgaben 13 und 22), 2021 (Ausgaben 2, 4, 21 und 22) 2022 (Aus- gaben 9, 11, 17 und 22) sowie 2023 (Ausgabe 14) ausführlich darüber berichtet und wird seine Leser*innen auch weiterhin stets über den aktuellen Stand des Projekts informieren. Sie finden alle bisherigen Beiträge im AfdN-Archiv in den angegebenen Ausgaben.


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