Lido Altenberg

Auf dem Weg zur Perle den Frosch geküsst …

Aus der Döner-Bude «Restaurant Altenberg» soll eine Perle am Wasser entstehen. Ein Augenschein am Uferweg kurz vor der Neueröffnung Anfang Juni.

Jean-Claude Galli
AfdN 05/2024 – Jerry Krebs
Ein veritabler Gastro-Profi: Jerry Krebs. (Bilder: Jean-Claude Galli)

Normalerweise – Sie kennen es – funktionieren unsere «Einkehr»-Texte so: Wir nehmen Platz, essen und trinken und suchen nach angemessenen Worten dafür. Doch davon ausgehend, dass der Berner Sommer nun bald beginnt und das neue Lokal überrannt wird, haben wir dem «Lido Altenberg» schon kurz vor dem Start einen Besuch abgestattet.

Rückblende: Über Jahre hinweg fragten sich Jogger, Hündeler, Aareschwimmer und auch Gastronomen beim Anblick des «Restaurants Altenberg », wie man einen solch tollen Standort mit Plastikstühlen, seltsamer Beleuchtung und einem mediokren Grillangebot betreiben konnte. Auch Jerry Krebs (37) war einer dieser Gastro-Profis, bekannt vom Bonsoir, der Propeller-Bar und aktuell dem Gurtenfestival. Sein Glück: Er und die Eigentümerin sind langjährige Freunde. Nach mehreren Gesprächen entschieden sie sich schliesslich für eine schnelle Umsetzung der Neuausrichtung. «Der Eigentümerin war es wichtig, dass das Gartenrestaurant noch diesen Sommer wieder eröffnet wird. Eine Woche nach der ersten Besichtigung begannen wir mit der Räumung», erzählt Krebs. «Vom Gurtenfestival kenne ich viele Handwerker, die sofort loslegen konnten. Und weil wir von der Fläche her nichts veränderten, konnten wir die Umbauten zügig angehen.» Neu gestaltet wird die Terrasse vor dem Gasthaus, das zusätzlich eine Spielecke erhält. «Das freut mich auch als dreifachen Vater. » Die grosse, eingefasste Fläche unter den Bäumen gegen die Aare wird aufgefrischt und die kleine Mauer zur Strasse hin mit einem Holzrost in eine lange Sitzbank verwandelt. Die Plastikstühle sind Geschichte. Das Zollhaus, das früher ein Getränkelager war, wird zu neuem Leben erweckt, ebenso der Pavillon gegenüber mit dem Kiosk zum Gehweg hin, wo früher der Kebab- Spiess einsam seine Runden drehte.

Unkompliziert und bargeldlos

Punkto Essensangebot will Krebs keine falschen Erwartungen aufkommen lassen. «Wer bei uns einen gepflegten Dreigänger erwartet, liegt falsch.» Die Fläche im Erdgeschoss des Gasthauses wird neu als Büro, Umkleideraum und Trockenlager genutzt. Platz für eine Produktionsküche gibt es nicht, was das Angebot beeinflusst. «Unsere Gäste kommen am späteren Nachmittag auf einen Drink vorbei, bestellen ein Aperoplättli und bleiben hoffentlich sitzen. Und in den Sommermonaten sind heisse Gerichte sowieso nicht gefragt», sagt Krebs. Die Palette ist überschaubar und lokal, Worber Biomilch, Brot und Salate vom Ängelibeck oder «BäM» von Simon Ragaz. Die Gelateria di Berna ist wie im Dählhölzli mit einem Ape- Angebot präsent, die Weine kommen von Trallala und Cultivino. Eine kleine Aufregung gab es nach einem BZArtikel um das im «Lido» präsente Eichhof-Bier aus Luzern. «Natürlich bieten wir immer auch zwei, drei lokale Biere an», sagt Krebs. Etwas grös seren Gewöhnungsbedarf vermutet er bezüglich der Abrechnungsmodalitäten. Bezahlt wird komplett digital. International und in Zürich ist das normal, für Bern noch gewagt. Über den QR-Code auf den Tischen gibt der Gast die Bestellung auf, die dann an den Tisch serviert wird. «Der Kontakt mit den Gästen ist das A und O. Leute, die vom Schwimmen kommen und kein Handy, sondern nur eine Karte dabeihaben, bezahlen am Terminal an der Bar oder beim Kiosk. Und hat jemand nur Cash, finden wir auch da eine Lösung.»

Ambitionierter Ganzjahresbetrieb

Geplant ist ein Zwölf-Monate-Betrieb. Von März bis Oktober ist das Lokal bei gutem und trockenem Wetter voll geöffnet, die Spitzenmonate sind Juni bis August. Dann ist auch die Personalplanung am anspruchsvollsten. Die Betriebsleitung obliegt Veera Zihlmann (26), einer gebürtigen Bernerin, die von der Hotelfachschule Luzern kommt. Im Sommer gibt es einen temporären Mitarbeitenden-Pool von 25 bis 30 Leuten mit vielen Studenten und einem tiefen Altersdurchschnitt. Im Oktober wird der grosse Sitzplatz verkleidet, damit von November bis Januar Weihnachts- und Firmenessen mit bis zu 80 Personen möglich sind. «Dort gehen wir wahrscheinlich in Richtung Fisch und Skandinavien, heissen Käse gibt es in Bern schon genug», sagt Krebs. Im Weiteren erwähnt er auch das Konzept «Zu Gast» mit regelmässigen Einladungen von Kulinarik-Grössen wie Aline Born oder dem Caterer «roh & nobel». Wichtig ist Krebs ein gutes Einvernehmen mit der Nachbarschaft. Zur inoffiziellen Eröffnung hat er alle Geschäfte in der Umgebung eingeladen. Und in diesen Tagen landet ein Infobrief in den Kästen der Nachbarn. «Wir setzen auf Dialog.» Er glaubt auch nicht, bestehende Betriebe zu konkurrenzieren. «Unser Angebot ist entsprechend angepasst.» Im Weiteren betont er die Wirtetradition am Uferweg 4. «Erstmals war hier 1837 ein Gastlokal eingeschrieben.» Grundsätzlich ist der Name «Lido» eine mutige Ansage und weckt Fantasien von unvergesslichen Italienferien und Biennale-Besuchen in Venedig. Ob diese Erwartungen und das Versprechen eines «Kurzurlaubs» erfüllt werden, zeigt sich schon bald.


INFO

Adresse: Uferweg 4, 3013 Bern

Auf Instagram oder der Website ist jeweils einsehbar, ob das «Lido» offen ist oder der Regen regiert. Reguläre Öffnungszeit ist um 9 Uhr. Tischreservationen sind online möglich. Buchungen für den Mittag bis 11 Uhr und für den Abend bis 15 Uhr des jeweiligen Tages.


AfdN 05/2024 – Restaurant Altenberg
Soll wieder zur gastronomischen Perle werden: Das Restaurant Altenberg.
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