Ein räumlich echter Zugewinn
Nach dreimonatiger Renovationsphase ist das Lokal in der alten Feuerwehr Viktoria seit Oktober wieder offen. Die Sanierung ist geglückt. Und aus der Küche kommt höchst Erfreuliches.
Von Juli bis Ende September mussten sich Stammgäste wie Laufkunden anderweitig arrangieren: Der «Löscher» in der früheren Feuerwehrkaserne am Viktoriaplatz war geschlossen. Nach neun Jahren wurde das Restaurant inklusive Küche komplett saniert. Im Juli 2015 eröffnet, entwickelte es sich damals rasch zum Herzstück der ursprünglich als Zwischenlösung angedachten Nutzung der Genossenschaft Feuerwehr Viktoria und zum stark frequentierten Quartiertreffpunkt. Die Renovierung hat nun mehr Platz und Licht gebracht. Die früher dominante Bar wurde nach hinten gerückt und die Wand zur Küche durchbrochen. Mittlerweile finden auch grössere Gruppen Platz, was die Betriebsmöglichkeiten um ein wichtiges Gästesegment erweitert. Der «Löscher» wirkt jetzt grosszügiger, ohne dass der Gründungscharme tangiert würde. Der «Anzeiger für das Nordquartier» schrieb 2016 von einem «Mini-Berlin » und schwärmte vom «Improvisierten, Beweglichen und nie ganz Fertigen, so, als würde sich alles im Fluss befinden, passend zur Feuerwehr und dem dazugehörigen Wasser ist dies kein grundfalsches Bild».
Klare Leitplanken
Natürlich wollen wir hier nicht nur in vergleichenden Betrachtungen schwelgen, sondern schauen, was aus der neuen Küche auf die Teller und in die Gläser kommt. Das Angebot orientierte sich von Beginn weg an den Leitplanken «biologisch, regional und saisonal». Und dem Zeitgeist entsprechend wurde auch im «Löscher» schon vor der Sanierung dem Sharing- Prinzip gehuldigt. Vier bis sechs Teller empfiehlt uns die Bedienung zu zweit «für den normalen Hunger». Die Portionen sind überschaubar, aber keineswegs klein. Nach dem Servieren von Schaumwein (Prosecco Althea Brut) und «Stange» (Egger Bier Worb) zur Einstimmung widmen wir uns dem Kartenstudium. Der kleine rote Tisch mit Stehlampe in der Nische neben dem Windfang ist ideal, um als Teil des Trubels den ganzen Raum zu überblicken und dennoch einen vertrauten Abend zu verbringen, ideal für ein Tête-à-Tête.
Genuss und Dankbarkeit
Es kann losgehen mit zwei Vorspeise- Kreationen. Erstens mit einer «Kohlrabi-/Bohnenpüree-/Gemüsevinaigrette » benannten Komposition, bei der uns vor allem das Zusammenspiel zwischen süsslichem Kohlrabi und Vinaigrette gefällt. Den Bohnen hätten wir vielleicht noch etwas mehr Pep verliehen, doch geht es in einem öffentlichen Haus ja immer auch darum, eine befriedigende Mitte zu finden. Zweitens «Glasierter Saibling/ Fenchel/Süssmais»: Hier erfreut uns nebst der Qualität des Saiblings von der Fischzucht Rubigenhof vor allem der angebratene Teil des Fenchels. Was wir schon bei unserem ersten «Einkehr»-Besuch in der ehemaligen Fahrzeughalle der Berufsfeuerwehr vor acht Jahren rühmten, ist zum Glück geblieben. Das köstliche Brot stammt immer noch von der Bäckerei Backbord in Ostermundigen. Die Liste aller Lieferanten ist auf der Karte einsehbar – und wir steigen in die Hauptgänge. «Blattsalat/ Getreide/Kerne/Gemüse» ist ein erfrischender Vitamin-Muntermacher mit austarierter Säure, ideal, um den drohenden Winterviren zu begegnen. Und den beiliegenden Cracker würden wir auch separat bestellen. «Gnocchetti Sardi/Palmkohl/ Quitte» ist ein stimmiger Herbst-Pasta- Teller, der beweist, dass die letztgenannte Komponente nicht nur in Gelees und Konfitüren eine gute Falle macht. Unser persönlicher Favorit – auch optisch – ist aber der Teller «Rande/ Rotwein-Hollandaise/Feigen», der spielend auch als Nachspeise durchginge und wieder einmal demonstriert, wie dankbar wir sein dürfen, dass die rote Rübe ihre jahrzehntelange und unwürdige Verbannung als Salat in geraffelter oder gewürfelter Form nun definitiv überwunden hat. Aussen vorlassen müssen wir an diesem Abend aus Kapazitätsgründen «Rindsragout/Zwiebel/Austernseitlinge » und «Älplermakkaroni-Ravioli/ Bratapfel/Alpkäse». Denn bei unseren Besuchen sollte immer auch noch Platz für ein Dessert sein. Es locken «Clafoutis/Zwetschgen/Kaffeeglace», «Affogato» und «Käse/Schlorzifladen/ Schwarze Nuss». Wir entscheiden uns für «Caramelköpfli/Chantilly/Mandeln » und bereuen es nicht.
Vom Klettgau bis Catania
Wie Sie uns kennen, verlieren wir gerne auch ein paar Worte zum Wein. Die Auswahl ist ähnlich gerafft wie die Speisekarte und trägt die Handschrift der Berner Lieferanten Cultivino und Trallala. Im Weisswein-Segment legen wir Ihnen den Gemischten Satz nahe, der nicht nur wie bekannnt aus Wien, sondern wie hier auch aus dem Klettgau – Weinbau Markus Ruch, Schaffhausen – prächtig mundet und Müller-Thurgau, Riesling und Sauvignon blanc vereint. Bei den Rotweinen bevorzugen wir den leicht kryptisch klingenden SP 68 Rosso. Namensgeberin ist die Strada Provinciale 68, die am Weingut von Adriana Occhipinti in der Nähe der sizilianischen Hafenstadt Catania vorbeiführt. Sie bewirtschaftet ihre Rebberge biodynamisch, dieser Wein vereint die Sorten Frappato und Nero d’Avola. Sie werden Ihre helle Freude daran haben.
Info
- Küche: Geteilte Freude, doppelter Genuss
- Service: Hürdenlos, auf Augenhöhe
- Ambiente: Mini-Berlin 2.0
- Preise: Heiter bis freundlich
- Adresse: Viktoriastrasse 70, 3013 Bern, Telefon 078 652 11 00
- Öffnungszeiten: Dienstag bis Samstag, 9 bis 24 Uhr.