Contra Corrente

Gut is(s)t’s, egal ob gut erfunden oder wahr…

Anfang September öffnete beim Schosshaldenfriedhof das Aparthotel «Il Momento», das nebst sechzehn Wohneinheiten auch das italienische Restaurant «Contra Corrente» umfasst.

Jean-Claude Galli
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Der Restauranteingang mit Schriftzug. (Bilder: jc)

Heute führt uns die Einkehr-Reise an den äussersten Zipfel des Nordquartiers und die Gemeindegrenze. An der Ostermundigenstrasse 69 ist vis-à-vis dem Schosshaldenfriedhof in einem ehemaligen Gewerbebau in achtzehn Monaten Projekt- und Bauzeit das Business- Hotel «Il Momento» entstanden. Es umfasst sechzehn Apartments, Büro- und Sitzungsräume, eine Rooftop-Bar, ein Rösterei-Café und das Restaurant «Contra Corrente » und ist seit September in Betrieb. Bauherr, Eigentümer und Geschäftsführer in Personalunion ist Agostinho Fernandes (63), Gründer der Firma Happy Clown und Erfinder der Kapla-Spielsteine, der ursprünglich als Saisonnier ins Wallis kam und später als Kellner im Berner Ristorante «Lorenzini» arbeitete. Mit seiner Firma war er jeweils an der Bernexpo-Messe «Suisse Toy» präsent und spürte dort Bedarf für einen Hotel-Restaurant-Betrieb dieser Art für Ausstellende und Besuchende. Als Kunden im Fokus hat Fernandes nun aber auch Gäste vom nahen Zentrum Paul Klee, Trauergesellschaften sowie auswärtige Besucher von SCB- und YB-Spielen. Den Anfang dieser Klientel machte übrigens gleich die siebenköpfige Geschäftsleitung von Aston Villa, die sich für das Champions-League- Spiel im Wankdorf am 17. September einmietete.

Der 10er-Bus respektive das künftige Tram halten nahe der Liegenschaft und schaffen eine tadellose Verbindung zur Innenstadt. Und demnächst wird auch der frühere Swisscom- Turm wieder belebt und soll für neue Gäste-Bewegung sorgen. Der ganze Hotel-Restaurant-Komplex ist in moderner Hybrid-Bauweise entstanden, als Architekten zeichnen Esther Graf und Tobias Kilchenmann aus Thun verantwortlich. Die Innensicht lebt von einer Kombination aus Beton, Metall und Holz, in den funktionalen Zimmern und Räumen dominieren Naturfarben und grosse Fensterflächen.

Einzigartig und optimistisch

Bei unserem Besuch interessiert uns natürlich vor allem das Restaurant. «Contra Corrente» bedeutet «gegen den Strom» und illustriert die Einzigartigkeit und Individualität sowie den unerschütterlichen Optimismus von Agostinho Fernandes. Darüber hinaus nimmt es den Namen seines Zweitwohnsitzes in der Tessiner Gemeinde Contra auf. Die Schwalbe im Logo steht für die Leichtigkeit des Seins. Das Angebot von Küchenchef Angelo Palumbo ist mediterran geprägt und überrascht mit einem individuellen Twist. Wir starten mit dem Antipasti-Klassiker Kalbscarpaccio, das sich dank Blattspinat und Pinienkernen angenehm von profaneren Interpretationen abhebt. Dann folgen zweierlei Salate: Von der Spezialkarte mit herbstlichen Gerichten wählen wir die Kombination aus Kürbis, Bohnen und Mandelblättern und aus der regulären Karte den ebenso delikaten Fenchelsalat mit Orangen, Granatapfelkernen und Mohnsamen. Unsere beiden Hauptgänge stammen aus der Pasta-Sektion: Es sind die Tagliolini Bolognese von der Herbstkarte und die Spaghetti alla romana mit Schweinsbacke, Parmesan, Pecorino, Pfeffer und Eigelb, ein geschmeidiger Seelenwärmer für die kalte Saison, der trotzdem nicht schwer aufliegt. Für einen möglichen nächsten Besuch merken wir uns die Goldbrasse mit Rohschinken und Salbei, die Kalbshaxe, Filetto di manzo oder Scaloppine di vitello vor. Bei der Nachspeise verhält es sich so: Manche finden die Bestellung eines Tiramisù della casa banal und langweilig. Wir hingegen sind überzeugt davon, dass sich die Handschrift eines Hauses gerade hier auch für Laien relativ einfach und deutlich lesen lässt. Um es auf den Punkt zu bringen: Die Handschrift gefällt uns sehr.

Weine, Lügen und Wahrheiten

Und nun gerne wie immer noch ein paar Worte zum Wein. Denn es ist genau so, wie es in der Karte steht: «Wein ist mehr als nur ein Getränk – er ist eine flüssige Metapher für das Leben selbst.» Wir könnten uns zwar gut bei einer Flasche Bolgheri Rosso von Fabio Motta vorstellen oder auch beim Barolo Ciabot Berton. Doch konzentrieren wir uns heute angesichts des noch frühen Wochentages auf die Offenweine und wählen schliesslich den Ripasso Il Bugiardo Valpolicella Classico Superiore, der ohne schwer zu wirken spielend an die Fülle eines Amarone herankommt. Diesem Effekt verdankt er auch den Namen «Il Bugiardo» – «Der Lügner». Anlässlich der Präsentation des ersten Ripasso- Jahrgangs auf dem Gut von Alfredo Buglioni habe nämlich ein eingeladener Sommelier gesagt: «Se non è un Amarone, allora è un vino bugiardo.» Sinngemäss: «Wenn das kein Amarone ist, ist es ein Lügenwein.» Und Sie wissen: Ein anderes, etwas bekannteres italienisches Sprichwort, dem Dichter Giordano Bruno zugeschrieben, meint dazu: «Se non è vero, è molto ben trovato» – «Wenn es nicht wahr ist, ist es doch gut erfunden.» Wir dürfen Ihnen hierzu versichern: Unser Besuch hat stattgefunden und das «Contra Corrente» existiert nicht nur in unserer Fantasie. Und alles andere ist nun Ihnen überlassen.

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Aus der Karte: Kalbscarpaccio…
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…Spaghetti alla romana…
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…oder Tiramisù.

Info

  • Küche: mediterran, jenseits von Klischee-Fallen
  • Service: umsichtig und freundlich
  • Ambiente: eine Wertsteigerung für diese eher spröde Seite des Quartiers
  • Preise: angemessen
  • Adresse: Ostermundigenstrasse 69, 3006 Bern, Telefon 031 335 00 00
  • Öffnungszeiten: Montag bis Freitag, 11.30 bis 14.00 Uhr und 18.00 bis 23.00 Uhr, Samstag 17.30 bis 23.00 Uhr, Sonntag geschlossen

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