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Ein Remis – zwei Meinungen
Der Nachwuchs von YB startet mit einem 0:0 im Stadtderby gegen «Breitsch» in die Rückrunde der Promotion League. Trainer Joël Magnin beklagt die ideenlose Offensive. Breitenrain-Trainer Edvaldo Della Casa ist froh, hats nach schwieriger Vorbereitung für einen Punkt gereicht.
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Wie speziell diese Affiche ist, wird klar, als der Speaker des FC Breitenrain den Trainer des Gegners ankündet. «Trainiert wird die U21 von YB von Meistertrainer Joooëëël Magniiin», dröhnt es über den Kunstrasenplatz an der Spitalackerstrasse. Mehr als 600 Fans sind für das Stadtderby auf den «Spitz» gepilgert – zahlreiche von Schweizer Meister YB.
Joël Magnin ist zurück beim Nachwuchs, nachdem er Mitte der Vorrunde nach dem völlig verkorksten Saisonstart des Meisters und nach nur neun Spieltagen vom glücklosen Patrick Rahmen übernahm (siehe Interview). Als er ging, lag die U21 des Meisters auf Platz 8 der Promotion League, bei seiner Rückkehr einen Rang weiter hinten – und auch das Team sei praktisch unverändert, so Magnin nach der Partie.
Die Geschichte des Stadtberner Derbys in der höchsten Amateurliga ist schnell erzählt: In der ersten Halbzeit dominiert der Gastgeber, in der zweiten der Gast – letztlich aber trennen sich die beiden Mannschaften trotz hitzigen Zweikämpfen und intensiven Phasen mit einem 0:0.
«Müssen uns offensiv verbessern»
«Mit dem Punkt sind wir zufrieden, mit der Leistung nicht wirklich», sagt Joël Magnin nach der an klaren Chancen armen Partie. Heisst konkret: Mit der Defensivarbeit ist er zufrieden, denn «Breitsch» sei stark auf Flanken und stehende Bälle und da hätten seine Jungs nicht viel zugelassen. «Aber in der Offensivbewegung müssen wir uns verbessern.» In der ersten Halbzeit sei sein Team praktisch zu keiner Chance gekommen.
Ganz zufrieden sei er, meinte dagegen Edvaldo Della Casa, Trainer von Breitenrains Fanionteam. Denn die Vorbereitung sei nicht wie gewünscht verlaufen. «Wir hatten viele Verletzte, Kranke und beruflich Abwesende, darum hatte ich heute einige Fragezeichen», gesteht er. Denn noch immer fehlen mit Verteidiger Pascal Schüpbach, Stürmer Emmanuel Mast und Goalie Remo Kilchhofer drei Stammkräfte.
YB in der zweiten Hälfte überlegen
Gefallen hat Della Casa insbesondere die Startphase. «Da waren wir dominant, haben das Spiel kontrolliert, einzig das Tor hat gefehlt», sagt er. Warum das nach der Pause anders war, ist für den Breitsch-Trainer kein Wunder: «YB trainiert seit Mitte Januar sieben Mal in der Woche, wir haben vier Trainings und zahlreiche Absenzen. Es wäre erstaunlich, wenn man das nicht merken würde», so Della Casa.
Während das Remis Breitenrain reichte, um auf dem 3. Platz der Promotion League zu bleiben, rutschte der YB-Nachwuchs auf Platz 10 ab. Nächstes Wochenende geht es für Breitsch ins Tessin zum abstiegsgefährdeten Lugano-Nachwuchs, YB dagegen empfängt den SC Brühl (13.), der mit einem Sieg gegen den vormaligen Leader der Promotion League, den FC Rapperswil-Jona, in die Rückrunde startete.
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Der 50-jährige Edvaldo Della Casa ist in seiner zweiten Saison für den FC Breitenrain tätig. Im Interview spricht er über die Magie von «Breitsch», eine schwierige Vorbereitung und wie man Spieler zu einem Verein lockt, der nicht aufsteigen kann.
Letzte Saison hatte Ihr Team ziemlich Mühe, jetzt spielt Breitenrain vorne mit. Was hat sich verändert?
Unser Captain war auf Weltreise, seine Energie hat gefehlt, sein Leadership. Auch habe ich jetzt mehr Spieler zur Verfügung. Der Konkurrenzkampf hat zugenommen, jeder muss pushen, jeder muss bereit sein. Das gibt mir mehr Optionen. Zudem haben wir das richtige System für uns gefunden.
Ein 4-1-4-1.
Ja, in der Defensive. Aber noch etwas zur letzten Saison: In der Vorrunde waren wir gut dabei, in der Rückrunde hatten wir auch viel Pech und wurden nach hinten gespült.
Der Start in diese Saison war eher holprig.
Wir sind nicht schlecht gestartet, sind aber im Verlauf der Saison konstanter geworden. Vor allem haben wir angefangen, auch auswärts zu gewinnen. Unser erster Auswärtssieg gelang uns erst Ende Oktober 2024. Es ist normal, dass es Zeit braucht, bis alles ineinandergreift, wenn neue Spieler kommen.
Was bei Breitenrain speziell ist: Man kann nicht aufsteigen. Wie gehen Sie als Trainer mit dieser Situation um?
Als Sportler will man einfach gewinnen. Im Wettkampf denkt man nicht daran, ob man aufsteigen kann oder nicht. Zudem ist das klar kommuniziert vom Verein. Wenn ein Spieler zu uns kommt, weiss er, dass es nicht weiter rauf geht.
Wie lockt man dann neue Spieler an?
Wer bei uns spielt, arbeitet Vollzeit oder ist an der Uni und studiert. Zugleich wissen sie, dass sie hier bei uns ihrem Hobby auf sehr hohem Niveau nachgehen können.
So einfach ist es also?
Natürlich gibt es weitere Gründe. Breitenrain ist ein Verein, den man in der ganzen Schweiz kennt, richtig attraktiv macht ihn aber sein Innenleben. Wir spielen mitten in der Stadt, haben eine einzigartige Kameradschaft. Deshalb ist es geil, bei Breitsch zu spielen.
Sie kamen von Biel zu Breitenrain.
Ja, ich war kurze Zeit Trainer von Biel. Mein Vorgänger ist mehrfach mit der Mannschaft aufgestiegen. Ich kam danach, aber es hat nicht funktioniert. Nachdem ich ging, kam die Partnerschaft mit Clermont Foot aus der Ligue 2 in Frankreich. Deswegen sind sie jetzt so gut.
Breitenrain hat keine solche Partnerschaft, aber profitiert stark von YB.
Ja, wir haben viele Spieler, die im Nachwuchs bei YB waren. Aber sie kommen nicht direkt zu uns. Sie versuchen zuerst eine Profikarriere zu machen, irgendwo bei einem anderen Verein. Drei, vier Jahre sind sie weg, wenn es dann nicht funktioniert, dann werden wir attraktiv.
Wie viele Spieler aus Ihrer aktuellen Mannschaft haben YB-Vergangenheit?
85 bis 90 Prozent.
Das macht die Partien gegen den YB-Nachwuchs dann auch ein bisschen hitziger.
Es ist ein Derby. Viele unserer Spieler wurden bei YB ausgebildet und das habe ich in der Besprechung vor dem Spiel aufgenommen. Die meisten von euch waren mal bei YB, aber ihr habt euch für ein anderes Leben entschieden. Ihr arbeitet, studiert. Aber jetzt zeigen wir ihnen, dass ihr auch Fussball spielen könnt.
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Joël Magnin (53) ist zurück beim Nachwuchs. Nach dem Saisonauftakt gegen den FC Breitenrain und einem 0:0 beim Tabellen-Dritten spricht er über seine Zeit im Rampenlicht und den Wechsel zurück in den Nachwuchs. Ein Gespräch über Unsicherheit, Chefambitionen und versteckte Talente.
Letzte Saison führten Sie YB als Interimstrainer zum Meistertitel. Dann übernahm Patrick Rahmen, aber schon nach neun Runden waren wieder Sie gefragt. Jetzt sind Sie schon wieder zurück in der U21. Wie ist das alles für Sie?
Zuerst einmal war es eine Ehre für mich, die erste Mannschaft übernehmen und einigermassen stabilisieren zu können. Den Wechsel vom Rampenlicht in den Nachwuchs habe ich ja schon im Juni erlebt, nachdem wir Meister geworden sind. Die Situation jetzt ist für mich also nicht neu.
Es macht aber schon einen Unterschied, ob Sie vor 30 000 Zuschauenden im Wankdorf, oder vor 600 auf dem «Spitz» an der Linie stehen.
Klar ist es etwas anderes, in der Champions League als Trainer an der Linie zu stehen. Aber was ich an der Arbeit als Trainer in erster Linie schätze, ist die tägliche Arbeit mit den Jungs. Ob es dann am Wochenende 30 000 oder 600 Zuschauende hat, spielt da letztlich keine grosse Rolle. Zudem finde ich es schön, wenn wir gegen Breitenrain spielen, die familiäre Atmosphäre – auch das ist Teil der Schönheit des Fussballs.
Die Unterschiede gehen schon noch weiter.
Die Bedingungen bei den Jungen sind anders. Hier kann ich langfristig arbeiten. Im Profi-Betrieb musst du jedes Wochenende Punkte holen, überzeugen. Wenn du gewinnst, bist du der König – wenn du verlierst, bist du mitschuldig. Auch ist der ganze Staff viel grösser. Am Morgen warten sechs, sieben Leute auf deine Anweisungen wie bei einem Chef in einer Firma. In der U21 sind wir weniger, viele Übungen leite ich selbst.
Man hat auch Sie als definitiven Nachfolger von Patrick Rahmen gehandelt. War das ein Thema für Sie?
Es war abgemacht, dass ich die Mannschaft sicher bis im Dezember übernehme. Was danach sein würde, war offen.
Wann erfuhren Sie, dass es nicht weitergeht?
Beim letzten Meisterschaftsspiel am 15. Dezember war noch nicht klar, wie es weitergeht. Nach dem 2:1 Sieg gegen Servette habe ich mich bei den Spielern und dem Staff bedankt, danach verreisten sie in die Ferien. Aber ich wusste noch nicht einmal, wie lange meine Ferien dauern würden. Das war nicht ganz einfach für mich.
Wann hatten Sie Klarheit?
Ich hatte noch eine Ausbildung nach dem letzten Spiel. Während dieser Ausbildung hat mich die Klubführung informiert. Die Kommunikation war aber zu jedem Zeitpunkt sehr transparent.
Haben Sie sich noch richtig von der ersten Mannschaft verabschiedet?
Nein, aber ich bin ja nicht wirklich weg, sondern einfach wieder im Nachwuchs. Ich sehe Spieler und Staff immer noch sehr regelmässig.
YB hat das Fanionteam mit drei gestandenen Profis verstärkt. Das war nötig, macht es aber auch schwieriger für Ihre Spieler, also den eigenen Nachwuchs den Sprung zu den Profis zu schaffen.
Da muss ich widersprechen. Wir haben ja auch einige Spieler abgegeben, und es gibt immer wieder Spieler aus dem Nachwuchs, die bei den Profis trainieren. Klar, das Niveau ist bei YB vielleicht ein bisschen höher als bei anderen Super-League-Vereinen. Aber unsere Nachwuchsspieler sehen schon, dass sie eine Chance haben.
Einige Spieler der ersten Mannschaft stagnierten in Ihrer Entwicklung, auch deswegen musste man sich verstärken.
Ja, das ist so. Die Führung hat klare Zeichen gesetzt. Zudem bin ich überzeugt, dass es manchmal besser ist, den einen oder anderen Spieler weniger im Kader zu haben und dafür den Jungen eine Chance zu geben.
Mit Rhodri Smith und Emmanuel Tsimba sind zwei Spieler, die gegen Breitenrain spielten, in Tuchfühlung mit den Profis. Wer könnte den Sprung sonst noch schaffen?
Rhodri und Emmanuel trainieren ab und zu oben, genauso wie Mats Seiler und Goalie Ardian Bajrami. Aber Prognosen mag ich keine abgeben. Bei den Jungen kann es extrem schnell gehen – und zwar in beide Richtungen. Es gab Spieler, bei denen hätte ich nicht darauf gewettet, dass sie Profis werden.
Wer denn?
Auch hier nenne ich keine Namen (lacht). Fussball ist einfach immer wieder für Überraschungen gut.
Wenig überraschend wäre es, wenn ein anderer Super-League-Verein Sie unter Vertrag nehmen möchte. Wie würden Sie reagieren?
Wenn ich angefragt würde, wäre ich zu Gesprächen bereit. Das weiss auch die Klubführung. Aber es ist jetzt nicht so, dass ich mich überall anbieten würde. Ich bin sehr zufrieden mit meinem Job bei YB und es muss vieles zusammenpassen, dass ich das hier aufgebe. Ich würde nur zu einem Verein wechseln, bei dem die Struktur stimmt, wo Präsident, Sportchef und Geschäftsleitung Hand in Hand arbeiten.
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INFO
Telegramm
FC Breitenrain – BSC YB U-21 0:0 (0:0)
Breitenrain: Stampfli; Lüthi (66. Borges), Schneeberger, Rüegsegger, Hurter (46. Wenger); Fleury (66. Bessa); Briner, Golliard, Gomes (66. Obama), Frey (80. Wildhaber); Wenzi (56. Schneuwly).
YB U-21: Bajrami; Kabeya, Jetzer, Murith, Smith; Tschanz (73. Rufener), Bomo; Lüthi, Jost (85. Schläfli), Mendes (66. Dalipi); Tsimba.
Gelb YB: 14. Tsimba, 63. Mendes.
Breitenrain: 65. Schneuwly, 73. Golliard.
SR: Markus Schelb; Assistenten: Pasquale Tringaniello, Jasmin Hasankovic.