Radio Rabe

Der Rabe fliegt weg von der Lorraine und landet im Marzili

Seit der Gründung vor 29 Jahren war das alternative Kulturradio RaBe immer am Randweg beheimatet. Die bevorstehende Totalsanierung des Hauses bedingt den Auszug der gesamten Mieterschaft. Bei RaBE ist man glücklich über den neuen Standort im Marzili. Und dankbar für weitere Spenden, denn der Umzug per Ende Juni wird teuer.

Martin Jost
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Früher Zimmermann und Discjockey, seit rund 25 Jahren bei Radio RaBe: Martin Schneider. Bild: zVg

Der Rabe, so sagt der Duden, ist ein grosser Vogel mit schwarzem Gefieder, hat einen kräftigem Schnabel und gibt krächzende Laute von sich. Es sind jedoch nicht krächzende Laute, die man mit dem Sender in Zusammenhang bringt, sondern Eigenschaften wie multikulturell, sozial, unabhängig oder vielsprachig. Seit 29 Jahren mittlerweile, das 30-Jahr-Jubiläum wird der Sender jedoch nicht in seinen angestammten Räumlichkeiten begehen, sondern am neuen Standort am Sulgenrain 28. Hauptsache für die Macherinnen und Macher, aber auch für die treue Hörerschaft ist, dass der Geburtstag überhaupt stattfinden kann. Was nicht selbstverständlich ist für ein Radio, das unabhängig und frei von Werbung ist und bleiben will. «Wir sind seit Beginn hier, nicht nur in dieser Liegenschaft, sondern auch in denselben Räumlichkeiten », sagt Martin Schneider, einer der Musikredatoren des Senders und seit rund 25 Jahren dabei, «natürlich empfinden wir so kurz vor dem Auszug eine gewisse Traurigkeit. Wir haben uns wohlgefühlt hier.» Man sei jedoch nicht nur traurig, die Kündigung der Lokalitäten sei auch deshalb kein Schock gewesen, weil das Team bereits seit geraumer Zeit mit einem Umzug geliebäugelt habe, fährt Martin Schneider fort, und: «Es waren vor allem die Platzverhältnisse, die uns dazu bewogen, Augen und Ohren offen zu halten.»

Eingebettet in Gemeinschaft

Die absehbaren Mietkosten bremsten jedoch den Sender in seinen Anstrengungen, einen Umzug aktiv voranzutreiben; schliesslich musste ein neuer Standort nicht nur finanziell tragbar sein, auch die Lage und die Umgebung sollten stimmen. Martin Schneider erwähnt auch das seinerzeitige Interesse, an den Waisenhausplatz zu ziehen, als sich der PROGR als Zentrum für Kulturproduktion etablierte. Diese Option erübrigte sich, da sie die finanziellen Möglichkeiten der Radiomachenden überstieg und die Platzverhältnisse auch nicht den Erwartungen entsprachen. «Ansonsten hätte uns das sehr gut gepasst; vor allem, weil wir uns immer gewünscht hatten, dass es in unserem Umfeld auch andere aus dem Kultur- und Sozialbereich gibt.» Weitere Standorte seien ebenfalls ernsthaft evaluiert worden, aber jetzt, so der gelernte Zimmermann, der für das Dossier Umzug zuständig ist, stimme das Gesamtpaket; zwar werde man die Lorraine sehr vermissen, die Vorfreude sei jedoch umso grösser, weil der Wunsch nach einem passenden und inspirierenden Umfeld in Erfüllung gehe. Reverend Beat-Man zügelt die Büround Lagerräume von Voodoo Rhythm Records in die Räumlichkeiten, in dem jahrelang die Kundschaft von Kieser Training die Muskeln pf legte; das Haus der Bewegungen wird mit einem Pilotprojekt vertreten sein, das Online- Magazin Journal B begleitet die Radio- Raben genauso wie das community center Living Room, bis anhin ebenfalls im Nordquartier ansässig.

Der Umzug kostet

Der neue Standort werde viele Verbesserungen bringen, ist Martin Schneider überzeugt, auf der emotionalen Ebene sorge ein Tapetenwechsel immer auch für zusätzliche Motivation und als Ganzes gesehen sei die neue Lokalität ein grosser Glücksfall und ein kleines Wunder zugleich. Was allerdings selten gratis zu haben ist, auch nicht im Fall von Radio RaBe. «Wir ziehen in leere Räume. Das bedeutet, dass zwar der Grundausbau vorhanden ist, der Aufbau der Studios mit der ganzen Technologie jedoch komplett durch uns realisiert werden muss. Das braucht Geld.» Die gute Nachricht dabei sei die, dass dieser Betrag einmalig sei und die noch bessere Nachricht besteht darin, so der ehemalige Discjockey, dass der Radio- Betrieb danach gesichert ist und innerhalb eines langjährigen Mietvertrages mit Option auf Verlängerung weitergeht wie bisher. Immer vorausgesetzt, dass der Betrag zusammenkommt. Dafür haben die Radio-Leute Voraussetzungen geschaffen, die Martin Schneider zuversichtlich stimmen: «Wir haben Rückstellungen, die wir einsetzen können, wollen diese jedoch nicht gänzlich aufbrauchen. Ebenfalls haben wir Zusagen für zinslose Darlehen, die wir jedoch zu einem späteren Zeitpunkt zurückzahlen müssten.»

Grosse Solidarität

Deshalb war und ist die Mittelbeschaffung aus kleinen und grösseren Beträgen sehr wichtig für den Fortbestand des Senders und das sei mindestens noch bis zum Zeitpunkt des Umzuges so, sagt Martin Schneider. Die Situation habe sich finanziell zusätzlich verschärft durch die nötige Investition in den digitalen Übertragungsstandard (DAB+), welcher die Abdeckung des Empfangs sicherstellt. Die Radio-Machenden erfahren eine grosse Solidarität; auf emotionaler Ebene, aber auch in finanzieller Form. Es sei berührend festzustellen, dass sich Menschen mit verschiedensten Vorschlägen melden, um ihre Unterstützung anzubieten. Zudem erarbeitet das Team Konzepte, um künftig in Zusammenarbeit mit Firmen zusätzliche Einnahmequellen zu schaffen, sei es mit dem Ausbau der Studioführungen zu einem Event oder mit der Möglichkeit, aus den Räumen einer Firma zu senden. Dass es immer wieder neue Herausforderungen für das Radio-Team geben wird, bringt Martin Schneider nicht aus der Ruhe: «Nach fast 30 Jahren sind wir solches gewohnt. Wir haben es immer wieder geschafft, Oberwasser zu haben, und das wird auch in Zukunft so sein.»


RANDWEG 19 + 21

  • Eine Anlagestiftung aus Schwyz will den Wohnblock Randweg 19 + 21 totalsanieren. Dieser wurde Anfang der 1970er-Jahre erbaut.
  • Allen Mieterinnen und Mietern wurde gekündigt. Betroffen sind rund 50 Personen, u.a. auch Radio RaBe (siehe Hauptbeitrag).
  • Politische Kreise fordern deshalb generell mehr Regulierung, doch deren Nutzen ist stark umstritten.

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